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Urban Gardening

Urban Gardening

Als Urban Gardening bezeichnet man heute freie Flächen innerhalb von Städten, die zum Anbau von Nutz- und Zierpflanzen verwendet werden.

Urban Gardening – eine neue Entwicklung?

Wer heute mit offenen Augen durch die Städte geht, der macht eine erstaunliche Entdeckung: Landwirtschaft zieht zurück in die Städte. Das hat die unterschiedlichsten Gründe: ernährungsbewusste junge Städter wollen wissen, was auf ihrem Teller liegt. Sie nehmen es sehr genau mit Vitaminen, Nährstoffen und Frische. Und wollen an der frischen Luft arbeiten.

Paar beim gärtnern
Ernte in luftiger Höhe

Als Urban Gardening bezeichnet man heute freie Flächen innerhalb von Städten, die zum Anbau von Nutz- und Zierpflanzen verwendet werden. Dazu gehören Gemüse-, Obst-, Blumen- und Kräutergärten, deren Produkte überwiegend innerhalb der Stadt verwendet und eventuell vermarktet werden.

Dachterrrasse mit Hochbeeten
Dachterrrasse mit Hochbeeten

Dabei war Anbau insbesondere von Obst und Gemüse innerhalb der städtischen Mauern bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts weltweit vollkommen üblich. Erst als die Maschinen den Menschen in der Produktion von Lebensmitteln zum großen Teil ersetzten und die gesamten Prozesse arbeitsteilig organisiert wurden, verschwand die Landwirtschaft und mit ihr der Gartenbau aus den Städten.

Der Deutsche Schrebergarten

Eine Ausnahme vom Verschwinden der Gärten gab es insbesondere im deutschsprachigen Raum: den Schrebergarten. Der Geschichte lässt sich kurz und knapp auf der Homepage des "Deutsches Kleingärtnermuseum e.V." nachlesen. Das ist die Webseite des entsprechenden Museums, das in Leipzig in der denkmalgeschützten Gartenanlage „Dr. Schreber“ liegt. Der Namensgeber der deutschen Kleingartenbewegung war dabei nicht einmal der erste, der sich für die kleinen Gärten in deutschen Städten einsetzte. Denn ihren Ausgangspunkt hat die deutsche Kleingartenbewegung im Jahr 1814 in Kappeln an der Schlei, wo ein Pfarrer in Parzellen ausgeteiltes Pastoratsland an bedürftige Garteninteressenten verpachtete, um die Versorgung mit frischen Lebensmitteln sicherzustellen. Selbstverständlich mit Gartenordnung, festgesetztem Pachtpreis und Vorstand: Der erste deutsche Kleingartenverein war gegründet. Bereits 1826 gab es solche Gärten in 19 weiteren Städten. In Leipzig wurde im Andenken an den verstorbenen Arzt Moritz Schreiber eine Spielwiese am Johannapark „Schreberplatz“ benannt. Kurz darauf wurden an diesem Schreberplatz kleine Gärten angelegt, die für die Kinder gedacht waren, aber schnell von ganzen Familien genutzt wurden. Aus ursprünglichen Kinderbeeten wurden so schnell Familienbeete und später abgetrennte Gärten, die seither Schrebergärten genannt werden.

Heute gibt es in Deutschland nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Gartenfreude, in dem die Kleingärtner organisiert sind, fast 900.000 Kleingärten mit einer Fläche von 44.000 Hektar. Fünf Millionen Menschen, die in 14.000 Vereinen organisiert sind, nutzen einen Kleingarten. Und die müssen sich an Regeln halten: Es gibt sogar ein eigenes Bundeskleingartengesetz, das besagt, dass auf mindestens einem Drittel der gepachteten Gartenfläche Obst- und Gemüse angebaut werden. Denn nur die Einhaltung der Regeln und Verordnung garantiert den rechtlichen Status als Kleingartenverein.

Quelle: Webseiten des Bundesverband Deutscher Gartenfreunde 2020 sowie des Deutschen Kleingartenmuseum, Leipzig

Warum kommt die Landwirtschaft jetzt in die Städte zurück?

Das sich immer mehr Menschen auch in Städten mit Gärten und Landwirtschaft beschäftigen, hat vielfältige Gründe. Zum einen will eine gut gebildete jüngere Stadtbevölkerung gerne qualitativ hochwertige Lebensmittel selbst erzeugen, zum anderen wächst der Wunsch, den städtischen Raum nicht nur dem Beton zu überlassen und ihn lebendiger zu gestalten. Des Weiteren boomen gesunde Lebensmittel und die Ersparnis beim Einkauf wird durch ein Mehr an eigener Arbeit ersetzt.

bepflanzte Hochhäuser
Die grünen Türme von Mailand

Vielfältige Erscheinungsformen städtischen Gärtnerns

Die grüne Stadt kommt dabei in den unterschiedlichsten Formen daher. Von vielfältigen Balkonkästen über begrünte Dachgärten bis hin zu alten Industriebrachen, die mit Hochbeeten besetzt werden und vertikalen Gärten an Hausfassaden – all diese Modelle haben bereits Einzug in das städtische Leben gefunden. Eine vollkommen unvollständige und rein individuelle Vorstellung einzelner Projekte folgt:

Die Essbare Stadt Andernach

Stangenbohnen entlang der alten Stadtmauer, Schafen in den Rheinanlage und Blaukraut schön in Reihen – in Andernach am Rhein gibt es bereits spezielle Führungen durch die Essbare Stadt. Dabei können die Gäste erfahren, wie das Konzept in die Stadt einzog, wie sich das Projekt seit dem Jahr 2010 entwickelt hat und wie es in Zukunft weitergeht. Grundsätzlich wird beim Projekt essbare Stadt in der jeweiligen Stadt öffentliche Raum und hier insbesondere öffentliche Grünflächen zum Anbau von Lebensmitteln genutzt. Auf diesen Flächen können Bürger der Stadt essbare Pflanzen, Obstbäume, Kräuter, Stauden und Sträucher anpflanzen und ihre Früchte und Gemüse ernten. Im Idealfall ermöglicht die geänderte Nutzung ein gemeinschaftliches Gärtnern der Anwohner direkt vor der Haustür und mehr nachbarschaftliches Miteinander. Neben Andernach gibt es essbare Städte beispielsweise in Minden, Kassel, Halle, Trier u. v. m. Infos zur essbaren Stadt in Andernach gibt es auf der Webseite der Stadt.

Gemüsebeet mit Schutzfolien
professionelles Gemüsebeet mit Schutzfolien

Stadtgarten von Bluepingue e.v. in Nürnberg

Der Stadtgarten ist ein gemeinschaftlicher Garten in Nürnberg Eberhardshof und lädt alle Mitbürger zum Gärtnern und Mitgestalten ein. Jeder bringt sein Können und seine Zeit ein. Gegärtnert wurde ursprünglich auf dem ehemaligen Parkplatz des Versandhaueses Quelle in den unterschiedlichsten Hochbeeten, seit 2018 liegt der Stadtgarten in der Straße Eberhardshof 2 auf einer Fläche von circa 1.000 Quadratmetern. Das Gärtnern ist mit keinerlei Kosten für die Teilnehmer verbunden. Gemeinsam wird gearbeitet, gelernt, sich ausgetauscht und geerntet – auf rein ökologischer Basis inklusive eigener Bienenvölker, Feste und Kochkurse. Infos zum Stadtgarten Nürnberg gibt es auf der gleichnamigen Webseite.

sonnige Flächen fürs Gemüse
sonnige Flächen fürs Gemüse

Projekt Urban Gardening in Kuba

Das Projekt startete im Jahr 1997 mit vier Arbeitern auf 800 Quadratmetern – und zwar aus der Not heraus. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion musste neue Wege entwickelt werden, um dem Mangel an frischen Lebensmitteln zu begegnen. Historisch bedingt existierte in Kuba über lange Jahre überwiegend die Plantagenwirtschaft für die Kultivierung von Zuckerrohr zum Export, die übrigens Lebensmittel wurden gegen Devisen importiert.

Bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion hatte Kuba seinen Verbündeten Zucker geliefert und im Gegenzug Industrieprodukte und Lebensmittel erhalten. Mit dem Systemwechsel in Russland brach auch Kubas Agrarproduktion zusammen, verschärft durch das Handelsembargo der USA. Angesichts aufziehender Hungersnöte musste schnell eine neue Strategie für die Landwirtschaft gesucht werden. Und sie wurde im Konzept des Urban Gardening gefunden.

Heute arbeiten in der Kooperative „Projekt Stadtgarten“ rund 140 Angestellte auf zehn Hektar. Auf der gesamten Insel gibt es urbane Gärten von schätzungsweise 50.000 Hektar Fläche. 70 Prozent des in Havanna konsumierten Gemüses wächst in der Hauptstadt, der Gemüseanbau bringt Arbeit für über 500.000 Kubaner.